Markus Koerner: Aufholjagd E-Rezept? – Zügige Digitalisierung und grundlegende Modernisierung der IT-Infrastrukturen von Nöten

Kommentar zum aktuellen Stand der eHealth-Bemühungen in Deutschland

Gesundheitsminister Karl Lauterbach hat Details zur flächendeckenden Einführung des E-Rezepts vorgestellt. Die nachhaltige, gründliche Digitalisierung, des Gesundheitswesens ist dabei der kritische Erfolgsfaktor und muss endlich konsequent vorangetrieben werden. Im Vergleich zu anderen Ländern und gemessen an den gesetzten Digitialisierungszielen gibt es da in Deutschland noch Einiges zu tun. Wenn auch erste punktuelle Erfolge, wie etwa die Einführung der elektronische Gesundheitsakte (eGA) bereits zu verbuchen sind. 

Professor Lauterbach will nun eine schnelle Umsetzung des E-Rezept, und fordert eine Aufholjagd. Ab Anfang nächsten Jahres sollen hierzulande alle Ärzte Rezepte elektronisch ausstellen können. Wie genau das funktionieren soll, ist dabei aber im Detail noch offen. 

Für mich steht fest: Der nachhaltige Aufbau einer modernen, sicheren und an den Bedürfnissen der Patienten und Ärzte ausgerichteten IT sowie die Modernisierung der zugrundeliegenden-Infrastruktur müssen ganz oben auf der Agenda stehen. 

Verzug durch infrastrukturelle Mangelerscheinungen 

Jede Innovation benötigt eine moderne, sichere und skalierfähige IT-Infrastruktur.  Aktuell sieht sich die Bundesregierung jedoch einer flächendeckend, weitestgehend veralteten und zerklüfteten IT-Landschaft gegenüber. Ein großes Unterfangen für jeden Staat.

Schon wir als IT-Dienstleister treffen bei unseren Neukunden oft auf IT-Infrastrukturen, die nicht nur wartungsintensiv und wenig standardisiert, sondern aufgrund der steigenden Komplexität und des Personalmangels nicht mehr zukunftssicher zu betreiben sind. Ein komplexer IT-Flickenteppich der Prozesse enorm verkompliziert – besonders, wenn die zahlreichen verschiedenen Kommunikations-, Management- oder IoT-Systeme nicht miteinander vernetzt sind.

Cyber-Kriminelle nutzen diese Schwachstellen, um personenbezogene Patienten- und sensible Gesundheitsdaten abzugreifen. Durch sogenannten Denial-of-Service-Angriffe, die aktuell eine wahre Renaissance erleben, blockieren sie kritische Infrastruktur und bringen beispielsweise Krankenhäuser in eine bedrohliche Situation.  

Mein Fazit zu Lauterbachs „Aufholjagd“: 

Die eHealth-Ambitionen stehen auf wackeligen Beinen – bei einer Aufholjagd kann man leicht ins Straucheln geraten. IT-Modernisierung darf nicht mehr stiefmütterlich behandelt werden, sondern muss im Fokus stehen. Kurzfristige Einzelaktionen sind nicht die Lösung, eine umfassende Transformation ist notwendig.

Das Krankenhauszukunftsgesetz und der Fond zur Förderung und Verbesserung digitaler Infrastrukturen von Gesundheitseinrichtungen waren erste Schritte in die richtige Richtung.

Damit eine Digitalisierung funktioniert, müssen aber marode IT-Systeme und instabile Netzwerke dringend modernisiert werden, ein Beispiel hierfür ist unser Projekt mit der Universitäts Medizin Mainz, in dem wir die IT-Infrastruktur, Prozesse und Services strukturiert modernisieren. Deutschland braucht eine Weiterentwicklung der Telematikinfrastruktur hin zur modernen Gesundheitsplattform, die Prozesse digitalisiert und modernisiert und nicht nur elektrifiziert.

Markus Koerner

Präsident von Kyndryl Deutschland,

Markus Koerner: Fünf gewinnt: Die Vorteile privater 5G-Netze in der Praxis

Der Schlüssel zu Industrie 4.0, zur Automatisierung von Betriebs- und Produktionsabläufen, liegt in leistungsstarker Konnektivität. Mit der Verwendung von 5G-Technologie unter Einsatz dedizierter Frequenzen werden höchste Business-Anforderungen hinsichtlich Übertragungsraten, Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit erfüllt, was Campusnetze für Anwendungen in verschiedensten Industriebereichen relevant macht. Markus Koerner, Präsident von Kyndryl Deutschland, zeigt, welche Vorteile diese Technologie bietet, wie Deutschland und Europa hinsichtlich 5G aufgestellt sind und gibt einen Ausblick auf die zukünftige Entwicklung.

Netzwerke verbinden jeden Unternehmensbereich und bilden daher eine fundamentale Basis für die digitale Transformation. Im europaweiten Ländervergleich sind die Entwicklungsphasen der 5G Technik aber keineswegs einheitlich – dies liegt vor allem an länderspezifischen Zeitplänen und Regularien. Seit 2019 vergibt die Bundesnetzagentur für in Deutschland ansässige Unternehmen Frequenzbänder – und dies mit relativ wenig Aufwand für die Antragsteller und in der Regel innerhalb eines Monats. Auch das Wirtschaftsministerium ist an einem Ausbau der Netze interessiert und stellt hierfür relevante Informationen zur Verfügung. Seither wurde viel über die sogenannten Campusnetze und die Möglichkeiten für Industrie 4.0 gesprochen – vor allem Branchen mit großflächigen Produktionsanlagen, etwa die Chemiebranche, zählen zu den early adopters und stellen bereits im großen Stil auf eigene Netzwerke um.

In Deutschland ist es vor allem die Automobilindustrie – egal ob EOM oder Zulieferer – die besonders durch die Vorteile der neuen Technologie profitieren wird. Auch wenn der gegenwärtige Hauptfokus auf den Ausbau der Elektromobilität die Zahl der umgesetzten privaten Netzwerke noch beschränkt. Ein Papier des Bundeswirtschaftsministeriums geht davon aus, dass die Mehrzahl der rund 10.000 erwarteten 5G-Netze bis 2025 in kleinen und mittelständigen Unternehmen zu finden sein wird. Der Markt für 5G-Netze befindet sich also (noch) in der Startphase – die diversen Vorteile für Unternehmen werden dafür sorgen, dass Umsetzungszahlen in den kommenden Jahren sehr stark ansteigen werden.

Vorteile bei Performance und Sicherheit

Private Netze ermöglichen es Unternehmen, sich von Telekommunikationsdienstleistern unabhängig zu machen und die volle Kontrolle über die Verwaltung ihrer Infrastruktur zu übernehmen. Sie können genau bestimmen, wer sich wie mit dem Netz verbinden darf. Es ist sogar möglich, Nutzungsrichtlinien dafür festzulegen, worauf ein Gerät zugreifen darf, sobald es sich im privaten Netzwerk befindet. So erhalten Unternehmen nicht nur die nötige Kontrolle, um ihr Netzwerk an ihre individuellen Bedürfnisse anzupassen, sondern es ist auch eine kostengünstige Lösung: Die Gesamtbetriebskosten (TCO) privater Netzwerke sind erheblich niedriger als jene von herkömmlichen drahtlosen Netzwerken. Betriebskosten sind also besser zu priorisieren und Anwendungen bleiben durch eine schnellere Bereitstellung flexibel.

Angesichts der Herausforderungen, mit denen Unternehmen in der Vergangenheit durch die Wi-Fi-Technologie konfrontiert waren, musste nach Alternativen gesucht werden. Private Netze können besonders in industriellen Umgebungen nützlich sein, in denen flächendeckende Wi-Fi-Konnektivität schwer zu realisieren ist. Sie helfen dabei, das Problem von Blind Spots zu lösen, an denen das Signal zu schwach oder instabil ist, um die Verbindung aufrechtzuerhalten. Solche blinden Flecke können durch Interferenzen, physische Hindernisse und Entfernungen verursacht werden – alles Probleme, die 5G Netzwerke adressieren können.

Ganz entscheidend sind auch die erheblichen Sicherheitsvorteile der privaten Netze. Sie ermöglichen es Unternehmen beispielsweise, SIM-basierte Authentifizierungsmethoden anzuwenden und eine physische Trennung von ungesicherten Netzwerken (Air-Gap) herzustellen. Außerdem wird die Zuweisung von Sicherheitsrollen durch Geräte erleichtert, was es für Unternehmen einfacher macht, ihre Systeme zu überwachen und lückenlos abzusichern. Diese drahtlosen Umgebungen und die von ihnen kontrollierten Geräte stellen für Unternehmen kritische Funktionen dar. Daher muss jedem Versuch böswilliger Akteure, einzugreifen oder zu sabotieren, mit einem robusten Sicherheitssystem, nämlich einem geschlossenen, privaten Netzwerk begegnet werden.

Technologien wie Edge Computing oder Cloud werden häufig zusammen mit privaten Netzwerken implementiert, um die Möglichkeiten von industriellem IoT, maschinellem Lernen und künstlicher Intelligenz voll auszuschöpfen.

Die Zukunft der intelligenten Vernetzung

Wenn es um Konnektivität geht, gibt es keine Einheitslösung, die für alle passt. Genauso wie die Bedürfnisse und Prioritäten jedes Kunden einzigartig sind, sollte dies auch für ihre Konnektivitätslösung gelten. Anbieter sollten offen sein für die Verflechtung von Technologien, wenn sie zukünftige Herausforderungen meistern und die Ziele ihrer Kunden erreichen wollen. Mit der Weiterentwicklung fortschrittlicher Drahtlostechnologien wie Wi-Fi 6 ist auch mit einer Zunahme hybrider Ansätze für die Konnektivität zu rechnen. Private drahtlose Netzwerke werden sich in den nächsten Jahren weiter ausbreiten, nicht nur in der Industrie, sondern auch im Einzelhandel, in der Finanzwelt, im Gesundheitswesen und in anderen Branchen. 

Markus Koerner

Präsident von Kyndryl Deutschland,

News KW9-2023: Sind wir am Beginn eines neuen Informationszeitalters?

Die Diskussion um ChatGPT und KI geht weiter. Elon Musk und Deutsche wollen KI-Regulierung. Fraport baut das größte 5G Netz und Mercedes setzt auf Google Maps. Und gibt es doch Bewegung beim Datentransfer zwischen den EU und den USA?

Weiterhin dominiert die Diskussion rund um Künstliche Intelligenz und insbesondere ChatGPT und dessen Konkurrenten die öffentliche Diskussion in den Wirtschaftsmedien und der IT Presse in Deutschland. Ein Thema, das vielerorts behandelt wird, ist dabei die Kontrolle und Regulierung von Künstlicher Intelligenz.

Elon Musk und Deutsche wollen KI-Regulierung

Laut einer Umfrage unter 1.007 Personen ab 16 Jahren in Deutschland im Auftrag des Digitalverbands Bitkom sehen 73 Prozent KI als Chance. Gleichzeitig wünscht sich aber eine breite Mehrheit (88 Prozent, 2020: 85 Prozent) zugleich, dass KI-Software in Deutschland besonders gründlich geprüft und erst nach Zulassung genutzt werden darf. Ein Wunsch, den sie übrigens mit Elon Musk teilen … Sogar er hat kürzlich „eine Art Regulierungsbehörde oder jemanden, der die KI-Entwicklung beaufsichtigt“ gefordert.

Unterdessen nimmt der Wettbewerb Fahrt auf und besonders Open AI versucht mit Rückendeckung von Microsoft Marktanteile zu gewinnen, in dem Unternehmen die Funktionen von ChatGPT über eine Schnittstelle für deren eigene Anwendungen zu einem attraktiven Preis angeboten wird. Laut Netzoekonom Holger Schmidt dürfte dies „nun eine Flut neuer Anwendungen zur Folge haben“, vor allem aber auch Anwendungen im Unternehmensumfeld mit eigenem Sprachmodell ermöglichen und treiben. „Wir stehen am Beginn eines neuen Informationszeitalters. Microsoft, Google und etliche Start-ups sind Pioniere einer neuen Welt,“ so formuliert es Stephan Scheuer im Handelsblatt.

5G auf dem Fraport – Google Maps in Fahrzeugen von Mercedes

Zu anderen Themen der vergangenen Tage. Die Computerwoche berichtet darüber, dass der Betreiber des Frankfurter Flughafens Fraport das größte private 5G Netzwerk aufbaut. Vielleicht auf den ersten Blick nicht relevant für die Unternehmens-IT oder doch? Mercedes öffnet sein Betriebssystem MB.OS und integriert Google Maps und Youtube. Damit gehen die Stuttgarter deutlich weiter als andere und die Kooperation könnte noch ausgebaut werden, schreibt das Handelsblatt.

EU und USA: Doch Bewegung beim Transfer von Daten?

Bewegung könnte – mit aller Vorsicht – in das Data Privacy Framework der EU und den USA kommen, dem dritten Anlauf für einen rechtssicheren Transfer personenbezogener Daten aus der EU in die USA. Die EU-Datenschutzaufsichtsbehörden haben eine gemeinsame Stellungnahme abgegeben, die der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber wie folgt kommentiert:

 Wir sehen den Willen, ein angemessenes Schutzniveau für Betroffene, deren personenbezogenen Daten an Unternehmen in die USA übermittelt werden, zu schaffen.

Europas Datenschützer machen Weg für EU-US-Datenschutzvereinbarung frei – heise online

Gartners Top-Prioritäten deutscher CIOs als Infografik

In einer kürzlich veröffentlichten Gartner® Infographic: Top Priorities, Technologies and Challenges in Germany, Austria and Switzerland in 2023, vom 23. Dezember 2022, wird auf anschauliche Weise dargestellt, welche Prioritäten, Technologien und Herausforderung sich 2023 für die DACH-Region ergeben.

Wir wünschen viel Spaß bei der Lektüre.

Aktuelle Anforderungen und Herausforderungen für ein kritisches Netz – das Beispiel Gesundheitswesen

Einführung

Es ist für jeden offensichtlich, dass sich die Welt, in der wir heute leben, nach dem Ausbruch der Covid-19-Pandemie verändert hat. War die Rolle der Netzwerke bis Dezember 2019 für die meisten Menschen eher diffus, so ist deren Rolle und der IT-Kommunikation im Allgemeinen nach dem Corona-Ausbruch für fast jeden Menschen klar geworden. Selbst viele technische Laien sind nun mit den grundlegenden drahtlosen Anwendungen vertraut – egal ob zu Hause, in öffentlichen Räumen oder in Einrichtungen des öffentlichen Sektors. Klar ist: Technologie – Internet, drahtlose Netzwerke (sowohl Wi-Fi als auch 4G/5G) und Videokonferenzanwendungen – hat die Lebensqualität der Menschen beeinflusst und verbessert.

Was ein kritisches Netzwerk ist

Nicht alle elektronischen Kommunikationsmittel, die durch drahtgebundene und drahtlose Technologien unterstützt werden, sind gleich wichtig. Auf der einen Seite stehen die Audio- und Videokonferenzen zwischen Freunden oder Familienmitgliedern, während am anderen Ende sehr spezialisierte und kritische Kommunikationen zwischen Menschen, spezialisierten Maschinen und Netzwerkgeräten zu finden sind. Die zugrundeliegenden Netzanforderungen variieren daher von angemessenen Verzögerungen und Paketverlusten zwischen den Kommunikationsendpunkten im ersten Szenario bis hin zu streng deterministischen Latenzzeiten, Jitter und Bandbreiten für das andere Ende des Spektrums. Diese unterschiedlichen Zuverlässigkeitsgrade, die von Netzen gefordert werden, ergeben sich aus der Tatsache, dass Netze in verschiedenen Situationen unterschiedliche Rollen spielen: Während im ersten Fall das Netz die normale Kommunikation zwischen Freunden und Familienmitgliedern unterstützt, unterstützt es im zweiten Fall kritische Anwendungen und die Kommunikation zwischen spezialisierten Maschinen und Robotern, die von OT (Operational Technology)-Experten bedient werden. Diese kritischen Netze spielen daher eine wichtige Rolle mit unmittelbaren Auswirkungen auf die Lebensqualität der Menschen.

Die kritischen Netzwerke haben daher strengere Leistungsanforderungen – insbesondere im aktuellen globalen Pandemiekontext, wenn viele medizinische Dienste über das Internet in Anspruch genommen werden. Anwendungen des Gesundheitswesens wie Fernüberwachungssysteme für den Gesundheitszustand, videobasierte telemedizinische Konsultationen, interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen medizinischem Personal oder die Konnektivität von Krankenwagen zur Übermittlung lebenswichtiger Daten an das Krankenhaus erfordern ein qualitativ hochwertiges Netz zur ständigen Überwachung der Gesundheitsparameter der Patienten. Die Bedeutung der Netzwerke anhand des Beispiels Gesundheitswesen liegt darin, dass die Datenströme, die das Netz transportieren muss, buchstäblich Menschenleben erhalten. Aus diesem Grund ist die Leistung der kritischen Netzwerke so wichtig.

Aktuelle Anforderungen und Herausforderungen für ein kritisches Netz

Um beim Beispiel des Gesundheitswesens zu bleiben: Das zugrundeliegende Netzwerk, das die kritischen Verkehrsströme der Gesundheitsanwendungen unterstützt, sollte sehr zuverlässig und sicher sein und muss eine relativ hohe und vorhersehbare Datenrate sowie eine konstant niedrige Latenzzeit für die Datenübertragungen gewährleisten. Die kontinuierliche Zunahme von Geräten (IoT-Geräte, tragbare Geräte, Maschinen, eingebettete Geräte, mobile Roboter usw.), die Konnektivität benötigen, stellt jedoch eine weitere wichtige Anforderung an ein kritisches Netzwerk dar: Skalierbarkeit bei gleichzeitiger Wahrung einer vorhersehbaren Netzwerkleistung. Darüber hinaus sollten solche kritischen Netze relativ einfach zu verwalten und zu warten sein, insbesondere, wenn unvermeidliche Probleme auftreten.

Herkömmliche kabelgebundene und drahtlose Netzwerke sind so konzipiert, dass sie die meisten der oben genannten Anforderungen erfüllen – Ausfallsicherheit, Skalierbarkeit, Sicherheit und Verwaltbarkeit. Für die Anwendungen im Gesundheitswesen – Fernüberwachungssysteme für den Gesundheitszustand (RPM – Remote Patient Monitoring), videobasierte telemedizinische Konsultationen oder die Konnektivität von Krankenwagen – sind die Anforderungen, die solche kritischen Netzwerke erfüllen müssen, jedoch eine Herausforderung, gerade wenn es um die Netzwerkleistung geht. Einer der Gründe dafür ist, dass die Konnektivität für solche Anwendungsfälle im Gesundheitswesen über das Internet mit normalen ISP-Verbindungen erreicht wird. Selbst innerhalb des Krankenhausgeländes ist es eine Herausforderung, mit herkömmlichen kabelgebundenen und drahtlosen Netzwerken das erforderliche Niveau der Netzwerkleistung zu erreichen. Die Dienstgüte für drahtlose Netze ist eine komplexe IT-Aufgabe, da sie viele Attribute aus verschiedenen Ebenen berücksichtigen muss (Funkausbreitungsbedingungen, Zellengröße und Durchsatz am Zellenrand, Schicht-2- und Schicht-3-Parameter usw.). Die bestehenden Schwankungen der Funkausbreitungsbedingungen innerhalb eines unlizenzierten Spektrums, das von jeder Wi-Fi-Lösung genutzt wird, machen die Leistungskennzahlen des Netzes unvorhersehbar.

Eine weitere Herausforderung in einer Wi-Fi-Umgebung ist der komplexe Prozess der Aufrechterhaltung einer gleichbleibenden Qualität der Netzleistung während des Roaming-trade-off-Prozesses. Während dies in normalen Netzwerken zu einer suboptimalen Datenqualität  für die Endnutzer führt, kann in kritischen Netzwerken (z. B. solchen, die Anwendungen im Gesundheitswesen unterstützen) der Mangel an Konsistenz und Vorhersagbarkeit der Netzwerkleistung die Lebensqualität der Menschen beeinträchtigen.

Welche Technologie kann also solche strengen Anforderungen an die Netzwerkleistung erfüllen?

Die bekanntesten Technologien, die in unterschiedlichem Maße die Leistungsanforderungen für kritische Netze erfüllen, sind: Wi-Fi 6 und 5G/Private 5G.

Wi-Fi 6 ist im Standard für Link Aggregation von Local und Metropolitan Area Networks IEEE 802.1ax  definiert und ist die erste Änderung in der Wi-Fi-Welt, die über die traditionellen Innenräume hinausgeht und auf die Außenumgebung abzielt. Die neuen technischen Merkmale (OFDMA, MU-MIMO usw.) versprechen eine konsequente Verbesserung des Durchsatzes und der Spektrumeffizienz im Vergleich zu Wi-Fi 5. Allerdings handelt es sich bei Wi-Fi 6 nach wie vor um Halbduplex-Systeme, doch Wi-Fi 7 zielt darauf ab, dieses Problem zu lösen.

Da die Wi-Fi-Frequenzbänder nicht lizenziert (aber nicht unreguliert) sind, müssen die Planung und das Design nach einer Standortuntersuchung möglicherweise regelmäßig überprüft werden. Funkausbreitungsbedingungen können sich im Laufe der Zeit ändern (Rauschuntergrenze steigt), da diese Frequenzbänder von anderen Geräten frei genutzt werden können. Diese Variabilität stellt eine Herausforderung für die Leistungsmerkmale dar, die für kritische Netze erforderlich sind, die von Spezialmaschinen oder OT-Geräten und Robotern genutzt werden. Hinzu kommt, dass die relativ geringe Funkabdeckung eines AP den erforderlichen logistischen Aufwand für die physische Installation sowie die Verwaltung einer beträchtlichen Anzahl von Switches und APs erheblich erschwert.

Auch die Sicherheit spielt in kritischen Netzen eine wichtige Rolle. Die End-to-End-Segmentierung zwischen IT- und OT-Netzwerken mit ihren jeweiligen QoS-Parametern ist in herkömmlichen Wi-Fi-Netzwerken schwer zu erreichen. Da die Anzahl der Geräte (einschließlich IoT-Geräte), die Konnektivität benötigen, zunimmt, steigt auch die Gesamtkomplexität.

Im Gegensatz dazu ist 5G / Private 5G besser für Anwendungen im Gesundheitswesen geeignet, die den Mobilitätsaspekt mit der IoT/OT-Komponente kombinieren. Anwendungen wie die Konnektivität von Krankenwagen oder videobasierte telemedizinische Konsultationen, um nur einige zu nennen, sind in der IMT-2020 (International Mobile Telecommunications) Spezifikation enthalten.

Die ITU-R hat drei Anwendungsgruppen für IMT-2020 definiert, die den Leistungsanforderungen in kritischen Netzen zumindest im Gesundheitswesen entsprechen:

  1. Enhanced Mobile Broadband (eMBB) – Anwendungen, die ultrahochauflösendes Videostreaming erfordern (z. B. Fernhilfe bei chirurgischen Eingriffen in Echtzeit). Die signifikante Steigerung der spektralen Effizienz ermöglicht eine höhere Dichte für die Gerätekonnektivität bei höheren Datenraten und ermöglicht gleichzeitig AR-Anwendungen (Augmented Reality).
  2. Massive Machine Type Communication (mMTC) – Anwendungen, mit denen Objekte (OT/IoT) miteinander verbunden werden können.
  3. Ultra-Reliable and Low-Latency Communication (URLLC) – Anwendungen, bei denen Sicherheit, niedrige Latenzzeiten und Zuverlässigkeit entscheidend sind. Die kritischen Netze, die im Gesundheitswesen eingesetzt werden, haben genau solche Leistungsanforderungen für mobile Krankenwagen oder Anwendungen zur Überwachung wichtiger Daten.

Das wohl bekannteste Merkmal von 5G-Netzen ist die konsequente Virtualisierung von Netzwerkfunktionen – das so genannte Network Slicing. Dies ermöglicht, dass in jeder Funkzelle die exakte Funktechnologie verwendet wird und die exakten QoS-Parameter in verschiedenen logischen Abschnitten des Netzes verfügbar sind, die unterschiedliche Anwendungen mit unterschiedlichen Leistungsanforderungen (in Bezug auf Latenz, Durchsatz oder Jitter) transportieren. Die 5G-Technologie ermöglicht also von Haus aus die Segmentierung zwischen IT- und kritischen OT-Netzen durch Network Slicing.

Von 5G zu Private 5G ist es nur ein kleiner Schritt. Private 5G ermöglicht es öffentlichen und privaten Organisationen, die geschäftskritische Anwendungen und kritische Netze betreiben, ihre herkömmlichen Netze zu erweitern, um den Umfang ihrer Geschäftsanwendungen, die optimal eingesetzt werden können, zu vergrößern und ihren Kunden einen noch größeren Mehrwert zu bieten.

Die Integration von Private 5G in ein herkömmliches Netz erhöht die Menge der verfügbaren Datenquellen, die in einem KI-System genutzt werden können, erheblich. Die Zunahme der Datenmenge macht es für einen Menschen nahezu unmöglich, zusätzliche Erkenntnisse aus diesen Daten zu gewinnen. KI hat das Potenzial, die Gesamtleistung eines kritischen Netzwerks zu steigern, indem sie das Verhalten von Anwendungen, Geräten und Menschen lernt und dynamische und automatische Aktualisierungen verschiedener Netzwerkparameter durchführt.

Fazit

Wi-Fi und 5G/Private 5G sind sowohl konkurrierende als auch komplementäre Technologien, und ihr Einsatz im Gesundheitsbranche könnte auf der Grundlage der Kritikalität und des Mobilitätsgrads, die für die Anwendungen im Gesundheitswesen erforderlich sind, angepasst werden. Während der normale Internetzugang für Gäste und Verwaltungsanwendungen weiterhin über herkömmliche Wi-Fi-Netzwerke erfolgen kann, erfordern anspruchsvollere, kritische und komplexe Anwendungen (z. B. vernetzte Krankenwagen, Telemedizin usw.) ein Netzwerk, in das die 5G-Funktionen hervorragend passen und die herkömmliche Leistungslücke schließen könnten.

(Eduard Dulharu)

Bibliografie:


Wie Unternehmen durch eigene 5G-Netze ihre Produktivität steigern

Stellen Sie sich autonom fahrende LKW in einem riesigen Bergbau vor. Das öffentliche Mobilfunknetz reicht nicht bis in diese abgelegene Gegend. Mit WLAN würden die Laster immer wieder stehen bleiben, weil die Verbindung abbricht. Doch die LKW aus unserem Beispiel rollen und rollen und rollen. Denn sie sind Teil eines unternehmenseigenen 5G-Mobilfunknetzes.

Das mag noch nach Science-Fiction klingen. Doch es gibt bereits viele Unternehmen in vielen Ländern, die die Vorteile von Enterprise 5G schon für sich nutzen. Der Markt für private 5G-Netze hatte 2021 bereits einen Umfang von 1,5 Milliarden US-Dollar. In den nächsten fünf Jahren wird er voraussichtlich auf stolze 19,1 Milliarden Dollar wachsen.

Hohe Produktivitätsgewinne dank leistungsstarker Datenübertragung

Der Hauptgrund für die rasant steigende Nachfrage nach 5G sind die hohen Produktivitätsgewinne, die diese Technik ermöglicht: Virtualisierung und Cloud, Künstliche Intelligenz und Machine Learning sowie das Internet of Things (IoT) – für den Einsatz in großem Maßstab sind sie alle auf leistungsstarke und verlässliche mobile Datenübertragung angewiesen. Und keine mobile Verbindung ist stärker und zuverlässiger als ein 5G-Netz.

Da dieses aber längst nicht überall als öffentliches Netz vorhanden ist, brauchen Unternehmen ihre eigenen Netze – bisher in Form von LTE (4G+), nun aber vor allem als 5G. Auch in Deutschland laufen inzwischen entsprechende Pilotprojekte. Nokia, ein Partner von Kyndryl für 5G, hat bereits für Volkswagen in Wolfsburg und für Lufthansa Technik erste unternehmenseigene 5G-Netze eingerichtet.

Ideal für Unternehmen mit großen Flächen

VW und Lufthansa haben beide bekanntermaßen sehr große Industrieanlagen. So betreibt VW in Wolfsburg die größte Industrieanlage der Welt. Und gerade auf solch großen Flächen wird der Mehrwert von 5G schnell ersichtlich: Weite Wege zwischen Zentrale und Peripherie auf dem Campus spielen keine Rolle mehr, wenn Daten nahezu unbeschränkt, extrem zuverlässig und in Echtzeit übertragen werden.

Ein starkes privates Wireless-Netzwerk ist kein Ersatz für Festnetz oder öffentlichen Mobilfunk, sondern eine wirkungsvolle Ergänzung, die Unternehmen neue Möglichkeiten der Digitalisierung eröffnet: Es macht sie unabhängig von der Netzabdeckung und Signalstärke öffentlicher Netze, ermöglicht höchsten Datendurchsatz und bietet große Sicherheit.

Wir gehen davon aus, dass 14 Millionen industrielle Flächen weltweit durch Campus-Netzwerke mit Enterprise 5G produktiver – und damit profitabler – werden könnten. Die wichtigsten Branchen hierfür sind:

●          Industrielle Produktion, zum Beispiel Automotive

●          Handel und Logistik

●          Flughäfen, Bahnhöfe und Häfen

●          Energieerzeuger und -versorger (Öl, Gas, Strom)

●          Wasserversorger

●          Bergbau

●          Militärbasen

●          Krankenhäuser und Forschungszentren

Anwendungsfall Nummer 1: Video-Analysen

Nokia hat weltweit 7.000 Unternehmen befragt, wie sie Enterprise 5G nutzen. Der wichtigste Anwendungsfall sind heute Video-Analysen: Daten von Kameras, die an Gebäuden und Maschinen (zum Beispiel Robotern, Transportfahrzeugen, Drohnen) angebracht sind und deren Daten in Echtzeit übertragen und analysiert werden.

So werden Prozesse von Anfang bis Ende lückenlos überwacht, die Fehlersuche wird automatisiert und die Kommunikation zwischen den Fachleuten in der Zentrale und den Maschinen und Menschen im Gelände läuft störungsfrei. Ein Techniker zum Beispiel, der draußen im Gelände ein Gerät repariert, kann sich per Audio- oder Videokonferenz in Echtzeit mit Experten über das Problem vor Ort austauschen.

Andere typische Anwendungsfälle sind Location Tags, die es ermöglichen, Menschen und Maschinen, aber auch Produkte in Echtzeit zu lokalisieren. So lässt sich beispielsweise die Einhaltung von Sicherheitsabständen automatisch überwachen – aber auch die der werksinternen Verkehrsregeln. Ebenso ist die Frage sofort beantwortet, wo auf dem Gelände sich eine teure Maschine gerade befindet. Oder wo in der Lagerhalle ein bestimmtes hochpreisiges Produkt ist.

Ob über die Cloud oder direkt ins IP-Netzwerk: Die Verbindung steht

Grundsätzlich eignet sich Enterprise 5G für die Übertragung von Daten von allen drahtlosen Endgeräten, in Gebäuden wie im Freien. Neben Kameras und Location Tag zählen dazu insbesondere Sensoren, Industriemaschinen, AR/VR-Geräte, IoT-Module und weitere Hardware wie Tablets, Smartphones und Desktop-Computer.

Die Geräte sind über ein Radio-Subsystem und eine 5G Base Unit mit dem Core Subsystem verbunden (Core Edge beziehungsweise Edge Cloud). Von dort aus besteht über einen Router eine Verbindung zum IP-Netzwerk des Unternehmens. Damit sind die Endgeräte direkt mit den Geschäftsanwendungen des Unternehmens verbunden. Ihre Daten sind direkt nutzbar und auch das Feedback aus der Zentrale ist sofort wieder vor Ort.

Die Alternative ist der Weg über die Cloud: Dort sind die Daten entweder über das Webportal des Unternehmens zugänglich oder über den Kyndryl Connector, unsere API für LTE/5G-Netzwerke. Dieser führt das Infrastruktur Management für 5G, die private Cloud, die traditionelle IT, die IBM Cloud sowie öffentlichen Clouds zusammen.

Mehr Leistung und mehr Sicherheit – auch finanziell darstellbar

Ob On-Premise oder über die Cloud: Im unternehmenseigenen Netzwerk steht die Verbindung. Im Gegensatz zu WLAN oder öffentlichem Mobilfunk ist das gekapselte private Mobilfunknetz mit eigenen SIM-Karten extrem sicher – sowohl vor Spionage als auch vor Störungen.

Und die Leistungsfähigkeit von Enterprise 5G ist enorm. Auch der hohe Datendurchsatz von Videoaufnahmen funktioniert ohne Verzögerung in Echtzeit. Zugleich können sich Millionen von Geräten in einer Funkzelle anmelden, ohne Leistungsabfall. Und durch Netzwerk-Slicing lassen sich zusätzlich bestimmte Bandbreiten für priorisierte Anwendungen reservieren.

Für die öffentlichen 5G-Frequenzblöcke haben die Telekommunikationskonzerne allein in Deutschland 6,6 Milliarden Euro bezahlt. Doch es gibt auch freie Frequenzen für privates 5G, die bei den Auktionen nicht zum Verkauf standen. Um diese zu nutzen, müssen Unternehmen sie lediglich bei der Bundesnetzagentur anmelden. Die Kosten dafür sind überschaubar.

Die vierte industrielle Revolution – und unser Beitrag als Kyndryl

Die Wireless-Netzwerke der neuen Generation beschleunigen die Digitalisierung und damit die Produktivitätssteigerung. Sie heben Automatisierung, nutzerfreundliche Anwendungen und sichere Datenübertragung auf ein neues Level. So ermöglichen sie die aktuelle Stufe der industriellen Entwicklung, auch „vierte industrielle Revolution“ genannt (nach Dampf, Fließband und Computern).

Enterprise 5G Netzwerke bieten also ein riesiges Potenzial und gehören – wie man den oben genannten Beispielen entnehmen kann – zur kritischen Infrastruktur für große Unternehmen, die ihre digitale Transformation vorantreiben. Daher wundert es nicht, dass sich Unternehmen beim Aufbau und Betrieb von Enterprise 5G unterstützen lassen, um die Produktivität ihrer Anlagen zu steigern.

Hier kommen wir ins Spiel: Als IBM-Ausgründung betreiben und modernisieren wir die Infrastruktur für branchenführender Unternehmen weltweit. Die Kyndryl Advisory & Implementation Services beraten Unternehmen unter anderem zu den Nutzungsmöglichkeiten von 5G, planen mit ihnen das Enterprise-Netzwerk, erstellen eine Roadmap und formulieren die Leistungsbeschreibungen.

Wir bleiben aber nicht bei der Planung stehen, sondern gehen mit unseren Kunden auch in die Umsetzung: von der Radio-Installation, der Konfiguration und Bereitstellung (einschließlich der SIM-Karten) und dem Aufbau der Edge-Infrastruktur samt Bereitstellung und Digital Automation Cloud (DAC)-Edge-Installation bis zur Inbetriebnahme des Netzwerks.

Darüber hinaus übernehmen wir die Verwaltung der neuen Infrastruktur, also QOS- und SIM-Management, Edge-Analytics und -Reporting, technischen Support (oder auch entsprechende Fortbildung der internen Mitarbeitenden) sowie Monitoring und Betrieb einschließlich Software Updates.

Christoph Lipke

A&IS Leader Network and Edge bei Kyndryl Deutschland

Kyndryl Talk: Expertenmeinungen zu aktuellen IT Themen in nur 30 Minuten

Wie wichtig Informationstechnologie und IT-Infrastruktur sind, wussten wir eigentlich schon immer. Doch so richtig deutlich geworden ist es in den vergangenen Monaten durch Ereignisse wie die Pandemie mit den Auswirkungen auf Homeoffice oder Lieferketten oder auch die Log4j Sicherheitslücke. Dabei scheint es so, dass sich IT immer dynamischer verändert, neue Technologien und Skills gefragt sind.

Hier gilt es, als IT-Verantwortlicher auf dem Stand der Dinge zu bleiben und sich informiert zu halten. Solche Informationen sammeln und publizieren wir hier auf dem CIO Kurator. Nun haben wir ein weiteres Format ins Leben gerufen: die Kyndryl Talk. In unseren ersten sechs Live-Sessions sprechen Experten aus unseren Practises, den Bereichen, in denen wir IT-Infrastrukturen für unsere Kunden betreiben, über brennende Fragen zu Cloud, Mainframe, Netzwerk, Applikationen, Sicherheit & Resilienz oder digitaler Arbeitsplatz. Sie teilen ihre persönliche Meinung, geben Einschätzungen, neutrale Tipps und Lösungsansätze aus dem Kyndryl Portfolio. 

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